Das erste Rätsel – Die Lichter
Der Morgen war noch jung, die Sonne hatte es noch nicht ganz über die Dächer geschafft. Der 21. Dezember hielt sein Licht zurück, als wolle er den Tag erst prüfen, bevor er ihn freigab. Vivi zog den Reißverschluss ihrer Jacke höher, als Jelto vor einem kleinen Innenhof stehen blieb.
„Hier fängt es an“, sagte er leise.
Der Hof war unscheinbar – alte Backsteinwände, ein kahler Baum, ein leicht knirschender Schneeboden. Doch etwas fiel sofort ins Auge: fünf Lichterketten, ordentlich nebeneinander an der Wand befestigt. Jede einzelne bestand aus kleinen, warm leuchtenden Birnen.
Manche leuchteten.
Manche blieben dunkel.
„Die habe ich hier vorhin aufgehängt“, erklärte Jelto. „Sie sehen harmlos aus. Aber sie sind es nicht.“
Vivi trat näher heran. Die Lichter wirkten fast wie ein stiller Code, als würden sie miteinander flüstern. An–aus. Licht–kein Licht. Ordnung in der Unordnung.
„Das Geschenk will wissen, ob du hinsiehst“, sagte Jelto. „Nicht nur guckst, sondern wirklich erkennst.“
Vivi verschränkte die Arme und ließ ihren Blick langsam über die fünf Ketten wandern. Sie spürte dieses vertraute Kribbeln – das Gefühl, kurz vor einer Lösung zu stehen. Der Dezember hatte seine eigene Sprache, dachte sie. Und heute sprach er in Licht und Dunkelheit.
„Also gut“, murmelte sie. „Dann reden wir mal.“
Die Lichterketten antworteten nicht.
Aber irgendwo, ganz sicher, wartete das erste Wort.